Das Städtische Museum im Kornhaus

DBCO GmbH

Eine Geländestufe prägt Kirchheim unter Teck

Das mitten in der Fußgängerzone gelegene Kornhaus ist ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung und Teil eines historischen Gebäude-Ensembles der alten Fachwerkstadt. Als professionelle Agentur für 3D-Visualisierungen hat Loomn zahlreiche 3D-Bilder für dieses Wettbewerbsprojekt erstellt. Zielsetzung des Wettbewerbs ist neben der sensiblen Sanierung und Neustrukturierung des Gebäudes und der Neukonzeption der Präsenzausstellung auch eine maßgebliche Aufwertung des Außenraums. Leitgebend für den Entwurf ist die besondere geographische Schwellenlage Kirchheims unter Teck unmittelbar am Albtrauf – dem charakteristischen Stufenhang am Rande der Schwäbischen Alb und der europäischen Hauptwasserscheide. Im Außenbereich wird eine begehbare skulpturale Rampenanlage installiert, welche der markanten geologischen Formation mit ihren Geländestufen nachempfunden ist. Die Stufenanlage mit integriertem Wasserspiel lässt einen neuen, attraktiven Vorplatz mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen und gewährleistet neben einer Belebung des Außenraums gleichzeitig die Erschließung des Museumseingangs von der Max-Eyth-Straße her. Sie bietet zudem einen niedrigschwelligen Zugang zum Thema der Präsenzausstellung, indem sie mit der örtlichen Geografie auch die grundlegenden Entstehungsbedingungen der Stadt erfahrbar macht und die Vermittlung nachhaltig in den Stadtraum hinausträgt.

Städtebauliches und architektonisches Konzept

Das architektonische Konzept greift den Wunsch nach einem offenen Haus auf, indem es das Erdgeschoss als ein zu allen Seiten hin geöffnetes „Stadtfoyer“ konzipiert. Großflächige Schaufenster beziehen den Stadtraum mit ein und gewähren von außen Einblicke auf Schlüsselexponate, Besucher und Kulturaktivitäten, wobei die städtebauliche Setzung des Hauses unverändert bleibt. Die Adressbildung erfolgt vis-à-vis der Stadtinformation im Max-Eyth-Haus an der südwestlichen Gebäudeecke. Hier erfährt die Geschichte von Stadt und Region anhand des abstrahierten „Albtraufs“ ihre inhaltliche und gestalterische Einleitung. Am Kopf der Rampe entsteht ein kleiner Vorplatz auf Höhe der Eingänge zur Erschließung beider Gebäude. Die Einbeziehung der Max-Eyth-Straße erfolgt über die Umwandlung der bestehenden Öffnungen des ehemaligen Kolonnadengangs in großzügige Schaufenster, welche einen Einblick in die Dauerausstellung erlauben, während sich auf der Nordseite Foyer und Kulturvermittlungsangebote auf der gesamten Gebäudelänge zum Widerholtplatz hin öffnen. Im Inneren werden die Ausstellungsgeschosse um einen neuen Erschließungskern „freigespielt“, um den Gebäudebestand – insbesondere die Struktur des Tragwerks und die massiven Außenwände – auch im Inneren erfahrbar zu machen.

Räumliche Organisation, innere und äußere Erschließung

Das „Stadtfoyer“ im Erdgeschoss wird barrierefrei von der Westseite des Gebäudes sowie sekundär vom Widerholtplatz erschlossen. Aus dem Foyer heraus werden Kulturvermittlung und Dauerausstellung ebenerdig direkt erschlossen, der Bereich der Kulturvermittlung ist aus der Dauerausstellung und vom Widerholtplatz aus einsehbar und kann bei entsprechender Witterung auf diesen erweitert werden. Zu besonderen Anlässen – zum Beispiel dem Museumsfest – kann das gesamte Erdgeschoss geöffnet und „zusammengeschaltet“ werden. Der Rundgang durch die Dauerausstellung ist als Fortsetzung des „Albtraufs“ im Außenraum konzipiert. Dieser beginnt im Erdgeschoss und führt unter Einbeziehung des Treppenraums im Osten des Hauses durch das Kellergewölbe zurück bis ins Foyer. Alle anderen Geschosse werden durch einen frei in der Fläche des Erdgeschosses stehenden Treppen- und Aufzugskern erschlossen. Die beiden Sonderausstellungsbereiche können dabei von der Haupterschließung aus eingesehen werden und sind separat abtrennbar. Sanitäranlagen und Garderoben befinden sich in der Nähe der Ausstellungs- und Veranstaltungsräume sowohl im Keller als auch im Dachgeschoss. Der Aufzug dient sowohl als Personen- als auch als Lastenaufzug, eine Anlieferung kann auch ebenerdig über das Foyer erfolgen. Die Erschließung der sonstigen Büro-, Lager- und Technikflächen erfolgt über den notwendigen Treppenraum.

Brandabschnitte, Flucht- und Rettungswege

Alle Geschosse werden über zwei voneinander unabhängige Rettungswege entfluchtet. Der erste Rettungsweg wird über einen notwendigen, außenliegenden Treppenraum im Osten des Gebäudes bereitgestellt. Dieser wird direkt aus den Ausstellungs- und Veranstaltungsbereichen – in beiden Obergeschossen – über einen notwendigen Flur erreicht. Der zweite bauliche Rettungsweg wird über die neue, offene Haupttreppe im Westen des Gebäudes zur Verfügung gestellt. Die lichten Treppenlaufbreiten beider Treppen sind auf die Entfluchtung von bis zu 200 Personen, insbesondere aus dem Saal im Dachgeschoss, ausgelegt.

Architektonische Gestaltung, Konstruktion und Materialität

Die vorhandenen Fassadenöffnungen im Erdgeschoss werden im Bereich der einstigen Kolonnade in großflächige Schaufenster umgewandelt und im Bereich der vermauerten Öffnungen zum Widerholtplatz hin mit großzügigen, ebenfalls verglasten Öffnungsflügeln versehen. Die neuen Verglasungen werden – im Gegensatz zu den tiefliegenden, bauzeitlichen Fenstern – außen bündig, rahmenlos und teilungslos ausgeführt, wodurch die öffentliche Nutzung des Kornhauses und seine Öffnung in den Stadtraum betont wird. Die Verfugung und die Oberfläche der vorhandenen Fassade werden saniert, jedoch wird auf eine Beseitigung der unterschiedlichen, bauzeitlichen Eingriffe verzichtet. Das Dach soll – nach Möglichkeit unter Verwendung vorhandener Ziegel – neu gedämmt und eingedeckt werden. Die Fenster in den Ober- und ggf. Dachgeschossen sollten im Original erhalten bleiben, daher wird auf eine Dämmung der Außenwände verzichtet, welche auch einen erheblichen Substanzverlust erwarten ließe. Maßnahmen für Verschattung, Verdunklung und ggf. Einbruchschutz erfolgen auf der Innenseite. Ausstellungswände und fest eingebaute Vitrinen werden von der Substanz abgerückt, „frei eingestellt“ und reversibel ausgeführt. In den Obergeschossen übernehmen die vor den Außenwänden angebrachten Ausstellungswände auch eine Flächentemperierung. So werden einerseits den Anforderungen an zeitgenössische Ausstellungen entsprechende Oberflächen angeboten und andererseits klimatische Aspekte (Behaglichkeit, geringe Luftbewegung) berücksichtigt. Die Eingriffe in die Innenkonstruktion beschränken sich auf das notwendige Mindestmaß. Der notwendige Treppenraum wird an der vorhandenen Stelle eingesetzt und weitergeführt. Gemeinsam mit den Lager- und Servicebereichen wird der Treppenraum durch eine „Verkürzung“ der Geschosse am östlichen Ende des Gebäudes im Inneren abgetrennt, dabei wird hierbei lediglich die neue Treppenraumwand als tragende, raumabschließende Wand ausgebildet. Der neue Erschließungskern wird – als neues, zentrales Element der Wegeführung erkennbar und frei von der Fassade abgerückt stehend – durch alle Geschosse geführt. Hierbei ist insbesondere die Treppe so konzipiert, dass diese in die Deckenfelder selbst eingegriffen wird und das Haupttragwerk unangetastet bleibt. Die Störung des Kellergewölbes wird hierzu bewusst in Kauf genommen, um eine intuitive Orientierung im Gebäude zu ermöglichen. Auf Veränderungen der vorhandenen Materialien im Inneren wird bewusst verzichtet und die bauzeitlich vermuteten Oberflächen von Außenwänden, Tragwerk und Bodenbelägen werden neu bzw. wiederhergestellt. Dabei erfolgt jedoch eine brandschutztechnische Ertüchtigung der Deckenaufbauten. Auf eine Bekleidung des Tragwerks selbst wird aus Gründen des Denkmalschutzes verzichtet. Ob und welche weitergehenden technischen Kompensationsmaßnahmen erforderlich werden, ist in Zusammenarbeit mit den Genehmigungsbehörden zu klären.

3D-Visualisierung: Städtisches Museum
loomn | Außenansicht: Städtisches Museum Kornhaus

Eine Stadt-Geschichte voller Wendepunkte

Vor dem Hintergrund ihrer charakteristischen Schwellenlage erzählt der erste Bereich der neuen Präsenzausstellung die Entwicklung der Stadt Kirchheim unter Teck chronologisch in neun Kapiteln. Diese orientieren sich nicht an den gängigen Epochen, sondern stellen die für die Stadt prägenden baulichen Entwicklungen und die dahinterstehenden politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche in den Vordergrund der Narration. Wie prägt die städtische Umgebung das Leben der Bürger:innen der Stadt und umgekehrt? Wie entwickelt sich das Stadtleben weiter? In den „Schaufenstern“ positioniert, vermitteln die Schlüsselexponate hierzu viele außergewöhnliche Geschichten.

Eine Stadt – so vielfältig wie die Menschen

Welche Themen der Stadt-Geschichte sind heute noch spürbar oder bieten Ausblicke in die Zukunft? Dieser Frage widmet sich der zweite Ausstellungsteil im Erdgeschoss. An Themenstationen und „Schaufenstern“ mit Hör- und Videostationen werden die Bevölkerung, die Dialekte, Immigration und Emigration und das facettenreiche Gesicht Kirchheims vorgestellt. Durch die „Schaufenster“ entstehen Blickbeziehungen zwischen Innen- und Außenraum, die bereits im Stadtraum Interesse für das Kornhaus als lebendigen Kulturort wecken.

Eine Sammlung voller Geschichten

Das Städtische Museum verfügt über reiche kulturhistorische Sammlungsbestände, deren Vielfalt ein raumgreifendes verglastes Schaudepot im neu erschlossenen Gewölbekeller eindrucksvoll vermittelt. Diese Präsentationsform macht das Themenspektrum und die Dimensionen der Sammlung synchron erfahrbar und erzeugt spannende Verbindungen zwischen den Objekten. Ein um das Schaudepot herum angeordneter Wechselausstellungsbereich bietet Raum für abwechselnde Inszenierungen besonderer Sammlungs-Highlights. Wissenschaftliche Methoden, Spezialthemen und neueste Forschungsergebnisse lassen sich hier genauso vertiefen wie alte Sagen und Legenden, die sich um manches Objekt ranken. Die vielfältigen Bespielungsmöglichkeiten adressieren unterschiedliche Zielgruppen und machen auch für Stammgäste jeden Museumsbesuch zu einem neuen Erlebnis.

Zeitschichten in der Gegenwart erfahrbar machen

Von den geologischen Geländestufen des „Albtraufs“ über die baulichen und historischen Entwicklungsstufen der Stadt bis hin zum Aufbau der Ausstellungsgrafik zieht sich der Leitgedanke der Stufung konsequent durch die Konzeption des Entwurfs. Die gestalterische Bezugnahme auf die besondere geographische Schwellenlage der Stadt Kirchheim unter Teck trägt die Vermittlung in den Außenraum und stärkt nachhaltig die Innen-Außen-Beziehung zwischen Museum und Stadt.